Dicke Luft

Grillen gehört für viele im Sommer einfach dazu. Nicht selten ärgern Rauch und Gestank dabei allerdings den Nachbarn. Was erlaubt ist.

 

 

Bei Sonnenschein den Grill anwerfen – das ist für viele das schönste Ritual, den Sommer einzuläuten. Dem Nachbarn, zu dem Qualm und Gerüche ziehen, bereitet das Freiluftbrutzeln im Garten nebenan meist weniger Vergnügen. „Wenn es ums Grillen geht, kommt es nicht selten zum Streit, oft gehen dem allerdings bereits andere Querelen voraus“, berichtet Christian Putschäw, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Kanzlei Breiholdt & Voscherau Immobilienanwälte.

 

Der Einzelfall zählt

Inzwischen gibt es zahlreiche Urteile rund ums Grillen. „Allerdings orientieren sich die Richter bei ihren Entscheidungen immer am Einzelfall“, erklärt Putschäw. Wie oft das Grillen im Garten erlaubt ist, lässt sich dann auch nicht genau festlegen. Das Landgericht Aachen etwa erlaubt, den Holzkohlegrill zweimal monatlich anzufachen (Az. 6 S 2/02). In München zog man bei 16 Mal im Jahr die Obergrenze ein (LG München, Az. 15 S 22735/03), das Amtsgericht Berlin-Schöneberg bei 20 bis 25 Mal jährlich (Az. 3 C 545/96). „Einmal im Monat sollte in jedem Fall möglich sein“, so Putschäw. Wie oft das Grillvergnügen den Nachbarn zuzumuten ist, richtet sich auch nach den örtlichen Gegebenheiten. „In einem Einfamilienhaus etwa kann man öfter grillen als in einem Sechsgeschosser mit wenig Freifläche.“

 

Grillverbot möglich

Weithin gilt Grillen inzwischen zwar als sozial übliche Aktivität, ein verbrieftes Grundrecht besteht aber nicht. So sieht es auch das Landgericht München. Hiernach muss der Nachbar grundsätzlich gelegentliches Grillen in der Sommerzeit dulden. Entstehen allerdings wesentliche Beeinträchtigungen, kommt sogar ein Grillverbot in Betracht (I 15 S 22735/03). Der Rauch sollte nicht vom Balkon, der Terrasse oder aus dem Garten in andere Wohnungen ziehen und die Nachbarn unzumutbar stören.

 

Rauchwolken reduzieren

Wer Rücksicht beim Grillen nimmt, erfährt auch mehr Toleranz. Glüht die Kohle gut durch, bevor die Wurst auf den Rost wandert und verzichtet man auf Spiritus und Papier beim Anzünden, entwickelt sich weit weniger Qualm. Brutzelt das Fleisch in einer Aluschale statt direkt auf dem Grill, mindert das ebenfalls die Rauchwolken. Das Landgericht Stuttgart empfiehlt ausdrücklich, einen Elektrogrill und Grillschalen zu nutzen, damit nicht zu viel Rauch entsteht (Az. 10 T 359/96). Auch wer die Nachbarn rechtzeitig informiert, darf mit mehr Verständnis rechnen.

 

Der Elektrogrill geht fast immer

Ein Elektrogrill verursacht grundsätzlich weniger Emissionen. Auf dem Balkon bewegt man sich mit einem Elektrogrill oft auf der sicheren Seite, während Grillen auf Holzkohle hier meist tabu ist. So untersagt ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg das Benutzen eines Holzkohle-Gartengrills auf dem Balkon komplett (Az. 40 C 229/72). „Zudem ist die Frage, ob insbesondere für Gebäude, die mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen wurden, der Brandschutz beim Grillen auf offener Flamme gewährleistet ist“, so Putschäw.

Viele Mustermietverträge, wie auch der Hamburger Mietvertrag, sehen vor, Grillen im Interesse der Mitbewohner und Nachbarn auf Balkonen, Loggien oder unmittelbar an das Gebäude angrenzende Flächen nicht zu gestatten – das gilt dann sogar für den Elektrogrill. Wer sich nicht daran hält, dem droht eine Abmahnung. „Allerdings müssen entsprechende Verbote immer verhältnismäßig sein und dürfen nicht den Wohnzweck, wozu ja auch das soziale Leben gehört, untergraben“, betont Putschäw. Entsprechend sei es sinnvoller, in der Hausordnung nur die Nutzung eines Holzkohlegrills zu untersagen, statt ein komplettes Grillverbot auszusprechen, so sein Rat.

 

Freibrief unwirksam

Auch in Eigentümergemeinschaften ist Grillen immer wieder ein Thema. Um dem Zwist vorzubeugen, kann es Sinn machen, ebenso hier feste Grenzen in der Hausordnung zu fixieren. „Dabei sollte man es allerdings nicht übertreiben, die meisten Hausordnungen sind überreguliert“, meint Putschäw. Einige klare Regeln würden durchaus reichen. Auf Gemeinschaftsflächen etwa sei das Grillen grundsätzlich erlaubt. Denkbar wäre es aber auch, eine spezielle Fläche dafür auszuweisen. Eine Erlaubnis für ungezügeltes Grillen – selbst, wenn von der Gemeinschaft so durchgewunken – ist nicht wirksam. So entschied das Landgericht Düsseldorf, eine Eigentümergemeinschaft dürfe nicht beschließen, dass Sondereigentümer auf ihren Balkonen uneingeschränkt grillen können, denn dies sei rechtswidrig. Die Brandgefahr durch Grillen auf dem Balkon beeinträchtige die anderen Eigentümer genauso wie Rauch- und Geruchsemissionen (Az. 25 T 435/90).

  

 

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