Streit um die Wärmedämmung

Ob eine Mieterhöhung oder der Grenzüberbau: Die Dämmung der Immobilie führt immer wieder zu Unstimmigkeiten, die teils vor Gericht landen.

 

 

Ohne den Immobiliensektor lässt sich die Energiewende nicht schaffen. Damit der Gebäudebestand in Deutschland, wie angestrebt, bis 2045 klimaneutral wird, muss er in großen Schritten energetisch auf den neusten Stand gebracht werden. Hinsichtlich einer fachgerechten Wärmedämmung kommt es allerdings immer wieder zu Konflikten. Wichtige Urteile dazu.

 

Zwei Mieterhöhungen erlaubt

Grundsätzlich lassen sich die Ausgaben für die energetische Sanierung an die Mieterinnen und Mieter weiterreichen, dafür muss der Vermieter die Bauarbeiten spätestens drei Monate vorher ankündigen. Möglich ist eine Umlage von acht Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten auf die Jahresmiete (§ 559 BGB). Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Miete auch dann hochgesetzt werden darf, wenn sie bereits zuvor mit Blick auf die Verbesserungen und die ortsübliche Vergleichsmiete erhöht wurde, solange sie die ursprüngliche Miete plus den jährlichen Aufschlag von acht Prozent nicht übersteigt (Az.: VIII ZR 367/18).

 

Oberste Geschossdecke

Eine Mieterhöhung dürfen Eigentümer auch dann ansetzen, wenn nur die oberste Geschossdecke über den beheizten Wohnräumen gedämmt wurde, dies setzten die Richter im Amtsgericht Coesfeld mit einer Wärmedämmung des Dachs gleich. Dass die Decke des Treppenhauses nicht gedämmt wurde, sei unerheblich, da es sich hier um einen unbeheizten Raum handele (Az.: 11 C 134/16).

 

Kein Anspruch auf Dämmung

Mieterinnen und Mieter in Altbauwohnungen haben allerdings keinen verbrieften Anspruch auf eine Wärmedämmung, um die Gefahr von Schimmelbildung auszuschließen. In einem Fall, den anfangs das Landgericht Lübeck behandelte, wies ein Gutachten zwar vor allem im Herbst und Winter ein entsprechendes Risiko aus, wenn nicht mehrmals täglich gelüftet und die Raumtemperatur unter 20 Grad beziehungsweise unter 16 Grad abfiel. Gleichwohl befand der BGH, dass Vermieter nicht verpflichtet sind, einen Altbau zu modernisieren und sah – anders als die Lübecker Richter – keinen Mangel vorliegen. Ein Recht auf Mietminderung bestehe nicht, wenn die Wärmedämmung beim Bau des Wohnhauses dem Stand der Technik entsprach, so der BGH (Az.: VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18).

 

Zwischen Klimaschutz und Eigentumsrecht

Wie sehr beeinträchtig ein Überbau durch eine nachträgliche Wärmedämmung das Nachbargrundstück? Und könnte mit vertretbarem Aufwand beispielsweise eine vergleichbare Innendämmung erfolgen? Wenn die Grundstücksgrenze durch eine nachträgliche Wärmedämmung überbaut werden soll, beziehen fast alle Bundesländer in ihren Regelungen ergänzende Kriterien mit ein. Das gilt auch für Hamburg, wo § 74a der Hamburgischen Bauordnung die entsprechenden Prüfpflichten ausweist und gegebenenfalls die am Bestandsgebäude angebrachte Dämmung maximal 20 Zentimeter auf das Nachbargrundstück ragen darf. Ähnlich sieht es in anderen Bundesländern aus. So urteilte das Bayerische Oberste Landesgericht, dass eine Außendämmung nicht zwangsläufig Vorrang gegenüber anderen Alternativen habe und der Nachbar diese nur dulden muss, wenn mit vertretbarem Aufwand keine Innendämmung möglich wäre (Az.: 1Z RR 4/19). Wenn ein Bestandsgebäude die nachträgliche Wärmedämmung nur durch einen zumutbaren und geringfügigen Überbau zulässt, muss der Nachbar dies hinnehmen, so der BGH für einen Streitfall Nordrhein-Westfalen (Az.: V ZR 115/20).

 

 

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